Es grünt so schön

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Angesichts der anbrechenden Saison widmen wir uns mal wieder dem damit verbundenen Schwerpunkt-Thema: Richtiges Verhalten bei uniformierter Wegelagerei und exekutivem Raubrittertum.


Denn eins steht so fest, wie das Amen in der Kirche: Mit Beginn der Saison liegen sie wieder verstärkt hinter jedem zweiten Stein, lasern in der Gegend herum wie eine Herde Romulaner auf Koks und messen, als gäbe es kein Morgen: die Schergen des bewaffneten Spielmannszugs, auf der Jagd nach möglichst leicht zu erhaschenden Punkten für das Beförderungs-Konto.

Der Erfolg ihres hinterhältigen Ansinnens hängt entscheidend von eurem eigenen Verhalten ab und kann zwischen "Gute Weiterfahrt" und der Zwangsverladung der Fuhre auf einen gelben Sattelschlepper entscheiden. Und da es immer noch genug Menschen gibt, die auch an Seminaren wie "Giftpflanzen am Geschmack erkennen" teilnehmen oder sich mit einem Köpper ins elektrische Brotmesser stürzen, rütteln wir mal wieder am Baum der Erkenntnis, auf das dessen reifen Früchte auf euch herab prasseln.

Anhalter mitnehmen


Regel Nummer eins: Flatscht einem die Försterkelle vors Visier, sollte man grundsätzlich auch anhalten. Hat man sich hierzu durchgerungen und unter Abwägung der zu erwartenden Sachverhalte nicht zugunsten eines optionalen Vorbeirauschens (kostet derzeit 70 Kracher, bringt einen Punkt und ist erst mal gemäß Bußgeldkatalog nur eine OWI und keine Straftat) entschieden, ist bereits der nach Abnahme des Kopfputzes stattfindende Einstiegsdialog von elementarer Bedeutung. Regel Nummer zwei: Bleibt höflich. Ihr müsst dem Schergen nicht die Rosette lecken, aber ein neutraler Umgangston mit einer unverbindlichen Einstiegsgrußformel tut nicht weh und bestimmt durchaus den sich anschließenden Verlauf. Auch wenn sie manchmal nicht so aussehen oder sich so verhalten: Aber die Lebensformen unter den Mützen sind zuweilen auch nur Menschen mit emotionalen Reaktionen auf bestimmte Umgangsformen. Für große Fresse oder pseudo-coole Sprüche gibt es zudem keine Bonuspunkte.

Tanztee


"Allgemeine Verkehrskontrolle" wird euch meist als erstes entgegenschallen, gepaart mit der Aufforderung Führerschein und Fahrzeugpapiere vorzuzeigen. (Im Gegenzug sollte man sich den Dienstausweis des Uniformierten zeigen lassen und dessen Namen notieren. Der ist dazu ausdrücklich verpflichtet und so weiß man auch, mit wem man es zu tun hat. Die Sache ist somit beidseitig nicht mehr anonym). Führt man den Papierkram nicht bei sich, kostet das pro Zettelwerk 'nen Zehner. Das tut nicht weh – kann aber insbesondere im Fall des Lappens blöde Konsequenzen nach sich ziehen. Seid ihr nämlich altersbedingt noch im Besitz einer Fleppe, die nicht im Chip-Kartenformat vorliegt, ist eure Fahrerlaubnis nicht digital erfasst. Das heißt: Der Grünling kann lediglich im System abfragen, ob sie euch entzogen wurde und ein entsprechender Eintrag vorliegt, nicht aber, ob ihr überhaupt eine habt.

Fußweg


Und das wiederum kann dazu führen, dass ihr nicht weiterfahren dürft. Das ist kein böswilliges Verhalten seitens der Blaulicht-Inquisition – sondern tatsächlich kaum anders zu handhaben. Denn wenn der Mann mit der Kelle eurer Zusicherung glaubt "natürlich habe ich einen Lappen" – dem aber gar nicht so ist und ihr ein paar Kilometer später in einen Unfall eingebunden seid, kommt der gutgläubige Kamerad in eine ziemliche harsche Bredouille, weil er euch trotz Feststellung der Pappenlosigkeit hat weiterfahren lassen. Was lernen wir daraus: Chipkarten-Lappen kann man mal vergessen, ältere Versionen sollten sicherheitshalber stets am Mann sein. Von einer freiwilligen Umrüstung auf die aktuelle Version raten wir trotzdem ab, denn das digitale Nichterfasstsein hat durchaus seine Vorteile.

Readers Digest


Hat der Herr Kriminalkommissar nun die gewünschte Lektüre in Händen, kommt automatisch als nächstes: "Wissen Sie, warum wir sie angehalten haben?“ Wer daraufhin tatsächliche Vermutungen, die potentiell verkehrswidriges Verhalten auch nur ansatzweise implizieren, artikuliert wie "Ich glaub' ich war etwas zu schnell" oder "Joa, die Karre ist wohl etwas zu laut", gehört mit dem nächsten greifbaren Leitpfosten so lange verprügelt, bis Vernunft Einzug gehalten hat! Natürlich habt ihr nicht den Hauch einer Ahnung einer Idee einer Vorstellung, warum der Büttel euren vollkommen vorschriftskonformen Ritt unterbrach!

Eigen-Denunzierung


Denn nichts auf diesem Planeten ist dämlicher, als sich selber zu belasten, dem Grünzeug seine Arbeit abzunehmen und dann auch noch Zugeständnisse zu machen, die den Tatbestand des Vorsatzes ins Spiel bringen können. Die einzig autorisierte Antwort ist deshalb: "Nein, Herr Schutzmann, das kann ich mir beim besten Willen nicht erklären und habe ich mich auch schon gefragt." Ansonsten gilt für den gesamten Ablauf: Fresse halten oder notfalls Lügen bis sich die Balken biegen und Münchhausen von seiner Kanonenkugel fällt. Das ist tatsächlich vollkommen legitim und gereicht euch nicht zum Nachteil. Andersrum gibt es keinerlei Bonuspunkte für Selbstanzeiger, debile Einsicht oder Geständnisse – auch wenn das gerne unterschwellig suggeriert wird, um euch zum Reden zu bringen. Das ist jedoch nichts anderes als Bauernfängerei. Ritzt euch das in die Innenseite des Stirnlappens! Wen es nach Absolution für seine Schandtaten gelüstet, der kann NACH der Kontrolle in der nächsten katholischen Autobahnkirche beichten – aber niemals WÄHREND der Kontrolle. NIEMALS! Ermittlung, Feststellung und Beweisführung sind ganz alleine Aufgaben der Wachtmeisterei. Also nehmt ihnen nicht den Job weg. Sie müssen den Vorwurf formulieren und beweisen, nicht ihr eure Unschuld.

Name und Dienstgrad


Zurückhaltendes Verhalten gilt auch für Angaben zu eurer Person. Seid auch hier nicht übertrieben kommunikativ. Name und Anschrift müsst ihr angeben, damit verbaut ihr euch auch nichts. Diffizil kann es schon bei der gar nicht so seltenen Frage nach eurem Beruf werden. Denn auch der kann Auswirkungen auf den weiteren Verlauf und das Strafmaß haben. Wird jemand mit technischem Background etwa mit abgefahrenen Bremsen erwischt, wird das in der Tat anders sanktioniert als z.B. bei einem Bäcker. Auch die Position im Betrieb als solches kann Einfluss haben. Bleibt also so unverbindlich wie nur möglich. Statt "KFZ-Mechaniker" könnt ihr genauso gut "Angestellter bei Müller in Bumsdorf" sagen (muss natürlich stimmen, denn Angaben zur Person müssen tatsächlich der Wahrheit entsprechen). Wenn der Kontrolleur mehr wissen will, soll er das selber ermitteln. Beendet die diesbezügliche Befragung einfach mit der höflichen Aussage, dass ihr im Moment nur gemäß eurer Mitteilungspflicht Auskunft erteilen wollt. Das ist euer gutes Recht, wird auch so akzeptiert und hat keinerlei negative Auswirkungen.

Präventivmaßnahme


Ihr seht, noch bevor die Kontrolle als solche auch nur im Ansatz begonnen hat, kann man schon eine Menge falsch - oder eben richtig machen. Lasst euch nicht von pseudo-kumpelhaftem Verhalten einfangen. Die Jungs sind entsprechend geschult und versuchen nicht selten (und oftmals mit Erfolg), durch konstruierte Komplimente und verbalen Schulterschluss euren Redefluss anzuregen: "Tolle Maschine, steckt sicher 'ne Menge Geld und Arbeit drin, was?", "Ich fahre selber auch Motorrad". Wer jetzt losplappert... ich buddel schon mal einen Leitpfosten aus! Klar, oder?! FRESSE!!!

Schwarmintelligenz


Wenn ihr in einer Gruppe unterwegs seid und als Kollektiv herausgewunken wurdet, verfolgt die Kontrolle der jeweils anderen aufmerksam mit. Ihr könnt euch so später im Zweifel gegenseitig als Zeugen nützlich sein. Haltet Augen und Ohren offen. Werden technische Mängel aufgeschrieben, macht an Ort und Stelle Bilder sowohl von den Bauteilen und wenn's mit Krach in Verbindung steht auch von der Kontrollstelle und ihrem Umfeld. Das kann euch keiner verwehren – vermeiden solltet ihr jedoch unbedingt, die Kontrollettis frontal aufzunehmen – das dürft ihr ohne deren Einverständnis nämlich nicht. Sind ihre Gesichter jedoch nicht auf den Bildern zu erkennen, ist das problemlos und rechtskonform. Immer dran denken: Versäumnisse lassen sich später nicht mehr nachholen. Geht's um eindeutige Kleinigkeiten wie zu kleine Spiegel, fehlende Rückstrahler oder ähnliches, bringt das natürlich nichts und ihr könnt das Handy stecken lassen. Denn eines muss jedem grundsätzlich klar sein: ein eindeutig freizügiger Umgang mit FzV und StVZO kostet Geld und eben auch mal Punkte. Ist halt so.

Maulsperre


Unabhängig davon, ob die Vorwürfe, die ermittelt wurden nun eindeutig oder eher zweifelhafter Natur sind: Gebt vor Ort nichts zu! Gar nie und auf absolut keinen Fall nicht. Never! Dafür gibt es keinen Rabatt, Sonderbonus oder Schokoriegel. Ihr nehmt damit der Exekutive lediglich die Arbeit ab und euch praktisch jede Chance auf Einspruch oder andere lindernde Handlungsmöglichkeiten. Zudem kann es sogar passieren, dass die Sache doppelt so teuer wird, wenn euer Zugeständnis Vorsatz ableiten lässt. Das gilt im Zusammenhang mit Auspuffanlagen und Geschwindigkeitsvergehen in extrem empfindlichem Maße. Das können im Einzelfall nur Juristen artgerecht beurteilen. Und wer keinen im Staufach mit sich führt, sollte sich unbedingt die Option einer späteren Konsultation sichern. Insbesondere, weil dadurch nichts zum Schlechteren geraten kann. Später zahlen ist nicht teurer, und auch die möglichen Punkte vermehren sich durch den Postweg nicht. Es kann sogar sein, dass sich die Vorwürfe "von alleine" reduzieren, weil der Mann vor Ort lediglich feststellt. Die Sanktionen werden von einer ganz anderen Stelle ausgerufen. Und es ist gar nicht so selten, das diese die OWis weniger drakonisch bewertet wie der Kamerad von der Exekutive. Sehr oft sind die Kameraden in den bunten Autos auch sehr schlecht ausgebildet und die Vorwürfe entbehren jedweder Grundlage. Dauerbrenner: nach unten gedrehte Lenker-Spiegel (siehe unseren diesbezüglichen §-Punkt, oder auch das Thema „Kettenschutz“. Lasst ihr auch belabern und latzt vor Ort ab, habt ihr u.U. einen Tatbestand zugegeben und bezahlt, den es gar nicht gibt. Und da ihr nur eine unspezifische Quittung erhaltet, könnt ihr im Nachhinein nichts mehr dagegen unternehmen. Stimmt, das ist ganz, ganz doof! Also nicht machen!

Besser-Esser


Nach wie vor extrem heikel im Handling sind dB-Eater. Ich wünschte, ich könnte euch hier so etwas wie einen grundsätzlichen Leitfaden an die Hand geben – aufgrund der in der Praxis sehr unterschiedlichen Handhabungen geht das jedoch nicht. Was in einem Fall die Lösung ist, kann an anderer Stelle zum Desaster erwachsen. Der Klassiker unter diesen Szenarien ist das Mitführen des entnommenen Rüssels. Hintergedanke: Kommt man in eine Kontrolle, kann man wenigstens weiter fahren, nachdem man den Schnorchel wieder eingeschraubt hat. Das funktioniert auch tatsächlich in manchen Fällen und Regionen.

Vorsatz im Nachsatz


Problem an der Sache: Damit wird gleichzeitig offensichtlich, dass ihr das Ding bewusst herausgeschraubt, also vorsätzlich gehandelt habt. Ausgefuchste Naturen argumentieren nun, dass der Mitgeführte lediglich Ersatz sei und natürlich einer eingeschraubt gewesen war. Da der Spruch die letzten Jahre hinweg inflationäre Anwendung erfahren hat, zieht er vielen Ortes nicht mehr – mit richterlicher Deckung. Hat der Schutzmann dann auch noch schlechte Laune und fühlt sich verarscht, kann er angesichts der Manipulation im Extremfall die Karre auch noch sicherstellen lassen, da er ja begründeten Verdacht hat, dass auch sonst noch am Auspuff manipuliert wurde, was zum Erlöschen der BE führt. Und den ausreichenden Tatverdacht habt ihr ihm quasi aus der Tasche gezaubert.

Alles verloren


Zieht man alternativ das Gegenteil durch, beharrt also auf dem Verlust und hat keinen Ersatz dabei, kommt zwar der Vorsatz nicht zum Tragen, dafür aber eure Schuhsohlen – nämlich auf dem Marsch nach Hause. Denn es kann sehr gut sein, dass euch die Weiterfahrt verweigert wird. Hier ist pauschaler guter Rat also teuer. Anders sieht es aus, wenn nicht ihr selber, sondern ein Kumpel aus der Fahrgemeinschaft, unerwarteten Ersatz für euch mit sich führt. Damit lässt sich der Umstand des akuten Verlustes mit einer Remontage vereinbaren, falls der Mann mit der Kelle auf Komplettierung besteht. Wenn besagter Kumpel zufällig Ersatz mit sich führt, entzieht sich das eures Einflussbereichs und ist lediglich ein glücklicher Zufall, den man euch kaum ankreiden kann. Unterm Strich bleibt die Sache vor Ort jedoch uneindeutig. Und angesichts der diesbezüglichen Kontrolldichte, können wir auch nur dringend dazu raten, ausschließlich mit Rüssel auszugehen. Das gilt übrigens auch für den unbeliebten Rückstrahler. Zusammen mit dem Evergreen „Kennzeichenwinkel“ bildet das Trio das unangefochtene Führungs-Dreigestirn in den Charts der Verkehrskontrollen, die auch der letzte Provinz-Förster auswendig und rückwärts beherrscht. Das reicht den Schergen auch vollkommen. Sind die drei Punkte festgestellt, lohnt es sich tatsächlich kaum noch, weiter zu schürfen. Die BE ist bereits zum Teufel, da gibt es keine Abstufungen. Teuer genug ist die Sache ebenfalls, Punkte sind im Sack und die Beweisführung super-simpel und wasserdicht. Und wenn die Burschen übellaunig sind, reicht alleine der Kennzeichenwinkel zumindest für den Vorwurf des „Kennzeichenmissbrauchs“, womit wir den Straftatbestand betreten.

Und so gilt für Banküberfall, One-Night-Stand und Verkehrskontrolle gleichermaßen: Immer gut vorbereitet sein – und immer schön die Fresse halten. Stöhnen ist in allen drei Fällen hinterher jedoch ausdrücklich erlaubt.