Das große Viernale


Sprint No.4 – klingt ein bisschen wie überteuerter Nutten-Diesel aus Frankreich, ist tatsächlich jedoch unsere inzwischen vierte Sprint aus old Britannia. Und auch, wenn wir uns irgendwie an den ungeliebten OEM-Tourern festgebissen haben, bedeutet das nicht, dass immer dasselbe dabei heraus kommt. In diesem Fall, jedoch aus etwas anderen Gründen als sonst.






Es gab nämlich ein paar Parameter, die bereits vor Baubeginn feststanden. So waren Sachen wie Höcker, Beleuchtung als auch Farben explizite Wunschkinder



Auch das grundsätzliche Konzept war vorbestimmt: eine auf das Wesentliche reduziere Fahrmaschine, die jedoch auch vor Paulis-Pommes-Palast oder Elses-Eis-Imperium einen flotten Schuh machen würde. Und ganz wichtig: Eigenständigkeit. Du fährst kein umgebautes Motorrad, weil du in der Masse untergehen willst. Uniformierter Individualismus ist ein Widerspruch in sich und sinnlos wie Titten an einer Nonne



Anders als sonst, wollten wir dieses Mal deutlich mehr mit Lacken arbeiten und nur ganz wenig nacktes Metall zeigen. Dinge wie Rahmen, Schwinge und selbst Gabel und Krümmer sollten mit Pigmenten überzogen werden. Für letzteres haben wir dankenswerte Unterstützung durch die Meissners von Spezial-Lacke.de erfahren, für die wir an dieser Stelle unbedingt unaufgefordert unbezahlte Werbung machen wollen! Dort verkauft man nicht nur, sondern hat auch mächtig Ahnung und spricht fließend die Sprache der schraubenden Kaste. Sie gehören einfach zu den Guten. Für uns seit über einer Dekade auf dem Sektor der erste und einzige Ansprechpartner



Apropos Lack: bereits als die ersten Teile nach Farbauftrag schrien, ist uns ein nicht unerheblicher Fauxpas unterlaufen, für den niemand etwas konnte, außer wir selber: Im halbgaren Brausebrand hatten wir nämlich statt stumpf-mattem, hochglänzenden Klarlack geordert. Dem ersten Drang zum Umtausch nicht folgend, hat sich spontan die Erkenntnis eingestellt, dass dies nur als Zeichen von oben (oder unten) zu deuten sein konnte. Und so haben wir entgegen unseren Gepflogenheiten und Plänen sämtlich Fahrwerksteile glänzend finalisiert. Was, wie sich schnell herausstellte, eine famose Entscheidung war. Danke nach oben (oder unten)



Auf diese Weise erhielten wir trotz identischem Basisfarbton einen schönen Kontrast zwischen Fahrwerk und Bodywork, was den Konturen sehr gut tut. Machen wir garantiert wieder!



Statt kleiner Tank-Logos haben wir den Herstellerschriftzug in Übergröße, leicht abgfuckt und den Kniebereichen umlaufend, eingebracht



Maske und Fender sind M.I.A.. Lediglich ein kleiner Dirtcatcher aus Alu kämpft im Notfall gegen gegen den Kotfall an. Seine erneut aus mattem VA bestehende Halterung bietet in Tateinheit dem Tacho-Sensor dezentes Asyl. Das reduziert fürderhin die Anzahl der Bauteile



Für die Gabel sollten wir uns ein leidlich aufwändiges Cover-System aus den Rippen schneiden und für Blinker, Lampe und Heck-Gedöns filigrane Aufnahmen aus Edelstahl bauen



Der Höcker ist Semi-Eigenbau – unter Verwendung eines Rohlings. Wie gehabt einteilig, so dass er nicht nur mit Rahmen und Tank abschließt, sondern auch zusätzliche Seitenteile obsolet macht



Elektrisch haben wir nichts anbrennen lassen. Natürlich bekam der Lenker eine einseitige Armatur nach Art des Hauses verpasst, welche eine ebenfalls aus unserer heimeligen Küche stammende E-Box instruiert. Parallel wurde ein kompaktes multifunktionales Dashboard installiert, welches neben dem üblichen Zinnober wie Tacho und Drehzahl auch über die eingelegte Fahrstufe, Sprit-Vorrat, Uhrzeit, Ladespannung sowie Wasser-, Öl- und Ansaugluft-Temperatur unterrichtet. Die Sensorik haben wir passend geschneidert und wo es sein musste Dummy-Werte für die ECU eingerichtet



Der Umbau ist so wie abgebildet nach §21 abgenommen und eingetragen. Der 400er Hurric intoniert ohne nerviges Gebrüll oder Gekreische, kommod und gediegen das Vorankommen



Das finale Krad funktioniert geradezu wundervoll. Bereits auf den ersten Metern der abschließenden Probefahrten hat sich das stark reduzierte Gewicht in Kombination mit der durch den Rohrlenker gewonnenen Handlichkeit bemerkbar gemacht. Der bärige Dreizylinder hat leichtes Spiel mit der Fuhre und beim Überholen ist die Wahl der Gangstufe ein rein akademischer Akt. Fahren seiner reinsten unverfälschten Form, ganz ohne Firlefanz. So mögen wir das.