Manchmal kommen sie wieder




Rekapitulieren wir das Ausgangs-Szenario: Der Pilot der Martin konnte auf Grund einer Kombination aus fortschreitendem Alter und eines hochgradig gesundheitsschädlichen Dosenfahrer-Attentats, Stummel sowie spitzen Kniewinkel nicht länger ertragen. Die Karre drohte am Garagenboden festzurosten oder gar verschleudert zu werden. Das konnten wir natürlich nicht zulassen und nahmen uns der Sache an. Ursprünglich ging es eigentlich nur um die Montage eines rückenschonenden Lenkers. Diese lächerliche Planungs-Bescheidenheit war jedoch nach etwa 20 Sekunden aus dem Fenster geworfen und einem umfassenden Neuaufbau-Plan gewichen.





Klar war, dass die anatomische Neuausrichtung nach einem neuen optischen Thema verlangte. Die Linie typischer 90er-Jahre Superbikes kristallisierte sich schnell als sachdienlich heraus und wurde zum Thema der Transformationen. Da der diesbezügliche Zubehör-Markt eher überschaubar ist und die Teile zudem auch noch zu Rahmen und Tank passen mussten, kamen wir um Eigenkreationen nicht herum. Anders hätten wir es aber auch gar nicht gewollt.



Beim Einkleiden bleiben wir gerne in einer Boutique, damit das Handtäschchen zu der High-Heels passt. „Kawasaki“ lautete wenig überraschen das Thema – vorgegeben vom Motor. Und da der Hobel sehr flach baut und durch die herrliche Drag-Pipe sowie den schlanken Heckrahmen streng horizontal gekämmt daher kommt, haben wir die vorhandenen Linien aufgegriffen und einbezogen. Der Höcker zitiert die Formensprache der Z 1000 MK2. Angedeutete Seitendeckel fungieren als stilistische Übergänge zum Tank. Für die Front haben wir eine Epochen-typische Maske laminiert, die unübersehbar Verwandte bei den frühen GPzen und ZRXen dieser Welt hat. Kein allzu schlechter Stammbaum.





Auf eine Kanzel-Scheibe haben wir verzichtet und die Maske stattdessen einteilig konzipiert. So bleibt das Teil zum einen cleaner und der nutzbare Lackbereich wird größer. Damit das Ding möglichst dicht vor der Gabel thronen kann, haben wir einen LED-Flachmann eingesetzt, der mit seinem Lichtbild und schwarzem Reflektor zudem eine amtliche Portion Verbösung mitbringt. Ganz ähnlich sind wir achtern vorgegangen. Ein marginaler Lichtstein hockt außermittig weit oben im Höcker und erlaubt dem leider unausweichlichen Nummernschild eine erhabene Position. Die hinteren barocken Kellermann-Blinker haben wir gegen moderne LED-Ware ausgewechselt, womit die ganze Bude jetzt in der neumodischen Technik erstrahlt.



Ein paar (nicht ganz unerwartete) technische Zipperlein haben das Unterfangen weiter anschwellen lassen. Die Vergaser sahen aus, als hätten sie die letzten 10 Jahre in einem Hühnergülle-Fass gelegen und die Reifen waren so alt, dass sie an der nächsten Bundestagswahl hätten teilnehmen können. Die Elektrik musste (und die klobigen Armaturen sollten) neu. Für beides gab`s frisches Zeug aus eigener Herstellung. Ebenso für Fußrasten, Seitenständer, Kettenspanner, Radbuchsen, Gabelcover, Tacho-Halter, Gabelbrücke, Tankbefestigung… die Liste der einstürzenden Neubauten ließe sich ausweiten. Tatsächlich haben wir bis auf Rahmen und Kern-Motor nichts unberührt belassen. Und dabei sind wir noch nicht einmal komplett fertig. Es war aber richtig und wichtig, an dieser Stelle die Reißleine zu ziehen… denn eigentlich sollte nur der Lenker gewechselt werden. Und für Phase 2.5 muss schließlich auch noch Kapazität überbleiben. Denn manchmal kommen sie wieder. Und manchmal sogar öfter.